Diese Frage stellen wir uns immer häufiger, nicht zuletzt wegen Filmen aus der Matrix-Reihe. Auch bei anerkannten Forschern wird diese Thematik immer häufiger Inhalt ihrer Fachberichte.
In der Pionierzeit der Computer entwickelten Programmierer das populäre Computerspiel «Civilization». So Mancher hat Nächte damit verbracht, eine erfolgreiche Zivilisation mit einer leistungsfähigen Population und an strategisch günstiger Stelle aufzubauen. Die Wirtschaft, Anbau von Rohstoffen und nicht zuletzt eine schlagkräftige Armee waren wichtige Bestandteile einer aufstrebenden Zivilisation. Die Gegner waren computergeneriert, daher konnte man nicht in Ruhe die eigene Zivilisation aufbauen, sondern musste ständig die technologischen Entwicklungen der Gegner im Auge behalten. Geriet man in Rückstand mit der Technologie, von der Keule über Speere, Pfeil und Bogen zur Armbrust und schlussendlich sogar Bomber, hatte man das Spiel verloren.
Der bekannte Forscher Nick Bostrom (schwedischer Philosoph an der University of Oxford) schrieb zu diesem Thema einen Artikel mit folgenden Überlegungen:
«In 50 oder 100 Jahren wird die Menschheit dank Künstlicher Intelligenz so weit entwickelt sein, dass sie uns meilenweit überlegen sind.» Er nennt die neue Zivilisation die «Posthuman civilisation». Die Menschen der heutigen Zivilisation nennt er «Posthumans». Als posthumane Stufe bezeichnet Bostrom eine Zivilisation, die über die Computerleistung und das Wissen verfügt, um bewusste, selbstreplizierende Wesen in einem hohen Detaillierungsgrad (ggf. bis hin zur molekularen Nanobotebene) zu simulieren. Bostroms drei Möglichkeiten sind:
Eine der genannten Möglichkeiten soll wahr sein. Unreife Zivilisationen verfügen nicht über diese Fähigkeiten. Wenn die erste Möglichkeit zutrifft, dann folgt daraus fast sicher, dass die menschlichen Zivilisationen auf unserem Stand der technischen Entwicklung eine posthumane Stufe nicht erreichen werden. Trifft die Zweite zu, dann existiert eine hohe Konvergenz unter den technologisch fortgeschrittenen Zivilisationen. Keine von ihnen enthält Individuen, die ein Interesse daran haben, Simulationen ihrer Vorfahren zu betreiben (Vorgängersimulationen). Wenn die Dritte zutrifft dann leben wir ziemlich sicher in einer Simulation, und zwar Alle.
Alle drei Möglichkeiten sind ähnlich wahrscheinlich. Wenn wir heute nicht in einer Simulation leben, dann werden unsere Nachkommen demnach eher keine Vorgänger-Simulationen betreiben. Mit anderen Worten: Der Glaube daran, dass wir möglicherweise eines Tages eine posthumane Stufe erlangen, auf der wir Computersimulationen betreiben, ist falsch, es sei denn, wir leben bereits heute in einer Simulation.
Seinen Doktortitel (Ph.D.) erwarb Bostrom 2000 an der London School of Economics. 2005 wurde er Direktor des neu geschaffenen Oxford Future of Humanity Institute. Seine Publikationsliste umfasst über 200 Titel einschliesslich des Bestsellers Superintelligence . Er erhielt 2009 den Eugene R. Gannon Award und steht auf der Liste Top 100 Global Thinkers von Foreign Policy. Dank der Erwähnungen durch Elon Musk und Bill Gates wurden Bostroms Arbeiten zur Superintelligenz auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Bostrom gehört gemeinsam mit Elon Musk, Stephen Hawking, Max Tegmark und Martin Rees zu den Unterzeichnern eines Manifests des Future of Life Institute, welches die Erforschung von Superintelligenz als sehr dringend erklärt.
Ein populärer Vertreter der Simulationstheorie ist Elon Musk. Seine Ansichten implizieren die Arbeit Bostroms. Er betont die enormen Fortschritte von Videospielen seit ihren Anfängen, dem simplen Pong mit zwei Rechtecken und einem Punkt, bis zu den nur 40 Jahre späteren fotorealistischen Animationsspielen, die von Millionen Spielern simultan online gespielt werden. Diese werden von Jahr zu Jahr besser und besitzen ein enormes Potenzial virtuelle Realität, menschliches Leben und die Natur ununterscheidbar von echtem Leben zu simulieren. Das gilt auf lange Sicht gesehen selbst dann, wenn der technische Fortschritt beispielsweise um den Faktor 1’000 reduziert wäre. Ein solcher Entwicklungsprozess kann nach Auffassung Musks bereits in der Vergangenheit abgelaufen sein und dazu geführt haben, dass wir heute in einer Simulation leben. Im Gegensatz zu Bostrom glaubt Musk jedoch, dass es nur eine eins-zu-mehreren-Milliarden Chance gibt, dass wir nicht in einer Simulation leben. Nach seiner Überzeugung gibt es Milliarden von simulierten Universen, die nicht unterscheidbar von unserem sind. Wir sind in einem davon. Musk kommt zu der Überlegung: «Wenn Zivilisationen nicht mehr fortschreiten, kann das auf Grund eines katastrophalen Ereignisses, dass eine Zivilisation auslöscht, geschehen.» Daher seine Folgerung: «Entweder wir erschaffen Simulationen, die nicht unterscheidbar von der Realität sind, oder Zivilisationen werden aufhören zu existieren.»